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Und wie organisierst du deinen Familienalltag?

Wie Familien in der Schweiz Beruf und Familie organisieren. Die Rush Hour des Lebens ist für viele Eltern eine unglaublich stressige Zeit in ihrem Leben. Die klassische Arbeitsteilung zwischen Müttern und Vätern hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend aufgeweicht und die Erwerbsbeteiligung von Müttern ist stark gestiegen. Angesichts der Bevölkerungsalterung und des Fachkräftemangels ist eine möglichst hohe Arbeitsmarktbeteiligung aller Personen im erwerbsfähigen Alter unerlässlich und somit für die Schweizer Gesellschaft eine positive Entwicklung. Doch Karriere, Kinder, Partnerschaft und Absicherung unter einen Hut zu bringen, ist in der Schweiz eine immense Herausforderung für Familien und die Gleichstellung bei Haus- und Erziehungsarbeit noch lange nicht erreicht.

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Es ist nicht leicht sich als Familie zu organisieren, sowohl Beruf wie auch den Kindern gerecht zu werden und dabei sich selbst und die Partnerschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Die zeitliche Gesamtbelastung für Erwerbs-, Haus- und Familienarbeit ist für Mütter und Väter mit Kindern im Haushalt deutlich höher als für Männer und Frauen ohne Kinder. Vor allem wenn die Kinder klein sind (jüngstes Kind unter 4 Jahren) arbeiten die Eltern bezahlt und unbezahlt jeweils rund 75 Stunden pro Woche. Männer und Frauen ohne Kinder bringen hingegen nur rund 50 Stunden für Erwerbs- und Hausarbeit auf.

Familienorganisation in der Schweiz in Zahlen

Die Mehrzahl der Frauen in der Schweiz (73%) reduzieren ihr Beschäftigungsgrad nach der Geburt ihres ersten Kindes auf weniger als 70% oder sind überhaupt nicht mehr erwerbstätig. Obwohl die Mehrheit der Eltern angibt, die besten Aufteilung der Erwerbsarbeit in Familien mit Kindern im Vorschulalter sei das Modell «beide Eltern Teilzeit erwerbstätig», klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. In der Realität sind es immer noch mehrheitlich die Frauen, die ihr Arbeitspensum reduzieren. 78% der erwerbstätigen Mütter mit Kindern unter 25 Jahren arbeiten Teilzeit. Auf die berufliche Laufbahn von Männern haben Kinder hingegen einen weitaus kleineren Einfluss. 92% aller Väter behalten ihr Pensum bei, nur 2% arbeiten weniger als 70%. In Paarhaushalten mit Kindern ist das meistgewählte Modell folglich «Partner Vollzeit/Partnerin Teilzeit» (54% gegenüber 25% bei kinderlosen Paaren). In 18% der Paarhaushalte mit Kindern ist die Mutter nicht erwerbstätig und der Partner arbeitet Vollzeit (5,1% bei kinderlosen Paaren). Mit Anzahl der Kinder steigt die Anzahl der Frauen, die Teilzeit oder gar nicht arbeiten. Tendenziell erhöhen Frauen ihr Pensum wieder oder nehmen die Arbeit wieder auf, wenn die Kinder älter sind. Dabei spielt der Bildungsstand der Frauen eine grosse Rolle, je höher die Ausbildung desto höher fällt die Erwerbsquote von Frauen aus.

Ebenso gibt es regionale Unterschiede: in der französischen Schweiz gibt es im Vergleich zur Deutschschweiz und dem Tessin mehr Paare bei denen die Frau mehr als 50% arbeitet oder beide Partner Vollzeit. Auffällig ist auch das Stadt-Land-Gefälle. In ländlichen Regionen ist der Anteil Mütter, die weniger als 50% arbeiten, höher als in der Stadt.

Ein Grund dafür, dass Frauen bzw. Eltern ihr Arbeitspensum mit Kindern reduzieren, sind die hohen Kosten für familienergänzende Betreuungsangebote sowie ein hoher Aufwand für die gesamte Familienarbeit. Es ist aufwändig neben Haushalt und Beruf alles für die Familie zu organisieren, vom Arztbesuch über das Organisieren von Kindergeburtstagen bis hin zur Kontaktpflege mit Freunden und Familie. Hindernisse für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind für erwerbstätigen Eltern auch lange Arbeitszeiten, ungünstige oder unvorhersehbare Arbeitszeiten und ein langer Arbeitsweg (was jedoch durch die vermehrte Home-Office Möglichkeiten an Bedeutung verlieren könnte). Eine untergeordnete Rolle spielen mangelnde Unterstützung im Arbeitsumfeld und eine zu anstrengende bzw. zu anspruchsvolle Arbeit.

Doch weshalb ist die Gleichstellung bei Haus- und Erziehungsarbeit die Ausnahme und nicht die Regel?

Jill Altenburger vom Schweizer Finanzdienstleistungsunternehmen Awina, das Familien bei der Finanzierung familienergänzender Betreuung unterstützt, weisst darauf hin, dass in der Partnerschaft meistens die Frau weniger verdient und sich Familien daher entscheiden beim geringeren Einkommen zu kürzen. Schuld daran ist aber auch die Rollenverteilung in unseren Köpfen. Es ist für die meisten «normal», wenn Frauen ihr Pensum reduzieren, Männer in Teilzeit weichen hingegen von der Norm ab.

36% der Männer und 28% der Frauen finden, dass die Männer das Geld für den Unterhalt der Familie verdienen sollten, und 27% der Männer, 18% der Frauen, dass es für Männer wichtiger sei, eine Arbeit zu haben. Jeder sechste Mann – aber nur jede zehnte Frau – findet, dass Männer bessere politische Leader seien als Frauen. Der Bildungsstand spielt hierbei eine grosse Rolle. Frauen und Männer mit Teritärabschluss sind weit weniger traditionell eingestellt als Personen mit niedrigerem Abschluss.

Vor dem Hintergrund dieser Rollenbilder und Einstellungen, schafft es vor allem Männern oft noch Unbehagen und fehlt oft der Mut nach moderneren Modellen bzw. Teilzeitpensen zu verlangen und oftmals sträuben sich auch Vorgesetzte Teilzeitpensen zu gewähren.

Nicht verwunderlich also, dass die Hauptverantwortung für Hausarbeit und Kinderbetreuung angesichts des immer noch vorherrschenden Erwerbsmodells, bei dem die Frauen in Teilzeit oder gar nicht arbeiten, mehrheitlich bei den Frauen liegt. Bei knapp 70% der Paaren mit Kindern wird die Hausarbeit hauptsächlich von der Frau erledigt.

Die Mütter kümmern sich mehrheitlich darum die Kinder anzuziehen – bzw. bei älteren Kindern darauf zu achten, dass sie richtig angezogen sind, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen und sie in die Kindertagesstätte, Schule oder zu Freizeitaktivitäten zu bringen oder sie von dort abzuholen. Hauptsächlich gemeinsam kümmern sich die Eltern darum, mit den Kindern zu spielen, mit ihnen über ihre Probleme zu sprechen und sie ins Bett zu bringen.

Doch trotz der in manchen Köpfen noch traditionell geprägten Rollenbildern, haben sich die Vorstellungen und Einstellungen zu den Geschlechterrollen und zum familiären Zusammenleben in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Die Erwerbsbeteiligung von Müttern ist stark angestiegen. Die Einstellung gegenüber der gleich-geschlechtlichen Elternschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Auch empfinden heute viele Väter die Verantwortung alleine die Familie zu finanzieren als eine Belastung. Viele wollen heute bei der Kindererziehung eine aktive Rolle spielen. Jedoch müssen sie dabei oft den Spagat üben zwischen ihren beruflichen Verpflichtungen und dem Wunsch, sich mehr um ihre Kinder zu kümmern. Viele Väter fühlen sich (ähnlich wie viele Mütter) von der Doppelbelastung überfordert 1.

Familienergänzende Kinderbetreuung

Knapp zwei Drittel der Kinder unter 13 Jahren werden in der Schweiz familienergänzend betreut. Am häufigsten durch Kindertagesstätten und schulergänzende Einrichtungen sowie durch Grosseltern, die für je ein Drittel der Kinder in Anspruch genommen werden. Bei den unter 4 Jährigen sind es sogar 71%, die ausserhalb des Elternhauses betreut werden.

Darüber hinaus gibt es regionale Unterschiede. In der Westschweiz nehmen mehr Eltern familienergänzender Kinderbetreuung in Anspruch als in den deutschsprachigen Landesteilen. In den Grossstädten Basel, Bern, Genf, Lausanne, Winterthur und Zürich ist ihr Anteil mit 81% besonders hoch. Deutlich weniger tun es Familien in anderen städtischen und in ländlichen Gebieten mit einem Anteil von ca. 66%.

Eltern lassen ihre Kinder vor allem deshalb fremdbetreuen, um arbeiten gehen zu können. Es gibt jedoch auch Paare, die sich für familienergänzende Betreuung entscheiden, um selbst ausserberuflichen Aktivitäten nachgehen zu können oder den Kindern den Kontakt mit anderen Kindern oder anderen Familienmitgliedern wie zum Beispiel den Grosseltern zu ermöglichen.
Für 11% aller institutionell und 7% aller nicht-institutionell betreuten Kinder besteht ein zusätzlicher Bedarf an ungedeckter institutioneller Kinderbetreuung. Als Ursache für diese Lücke sind hauptsächlich finanzielle Gründe zu nennen und etwas weniger häufig das fehlende Angebot.

Gleichberechtigte Rollenverteilung im Familienalltag ist ein Erfolgsmodell

Obwohl die Mehrheit der Eltern angibt, mit der Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung zufrieden zu sein, sind Paare glücklicher, wenn die Hausarbeit von beiden gemeinsam erledigt wird. Die Luzerner Soziologin Margret Bürgisser bestätigt, dass die grosse Mehrzahl der von ihr befragten Paaren, bei denen Mann und Frau Teilzeit arbeiten und sich gleichverantwortlich um Kinder und Haushalt kümmern, glücklich mit der Situation sind und es wieder wählen würden. Laut Soziologin Bürgisseur sind diese Paare auch zufriedener als jene mit einer traditionellen Rollenverteilung. Nur ein Viertel der von ihr (über 20 Jahre) befragten Paare trennte sich, während die schweizweite Scheidungsquote bei 41,5 Prozent liegt 2.

Doch nicht nur der Partnerschaft tut eine egalitäre Rollenverteilung gut, es macht auch für den Staat, die Wirtschaft und die Frauen selbst Sinn, ein möglichst hohes Teilzeitpensum oder sogar Vollzeit zu arbeiten bzw. das idealisierte Modell «beide Partner gleiches Teilzeitpensum» zu verfolgen. Aufgrund des Fachkräftemangels kann sich unsere Gesellschaft es nicht leisten auf die Arbeitskraft der Frauen zu verzichten. Jill Altenburger weist darauf hin, dass es mehr Frauen als Männer mit Tertiärabschluss gibt, der Staat also in die Ausbildung investiert, sie dann aber nicht nutzt. «Das macht wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn». Für die Frauen selbst ist die Erwerbslosigkeit oder ein dauerhaftes Pensum unter 70% eine Armutsfalle (besonders im Hinblick auf die hohen Scheidungsraten), da die fehlenden Einzahlungen in die Sozialversicherungssysteme Auswirkungen auf AHV- und BVG-Rente haben und die Altersrente einer Frau langfristig schmälern 3.

Damit wir unserer Idealvorstellung eines egalitären Modells näherkommen, braucht es Veränderung auf mehreren Ebenen. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Frage braucht es mehr politische Unterstützung in Form von staatlich subventionierter und folglich für Familien billigeren und zahlreicheren familienergänzenden Betreuungsangeboten. Auch ein längerer Vaterschaftsurlaub, eine Elternzeit wie in anderen europäischen Ländern oder ein gesetzlich verankertes Recht auf Teilzeit für beide Elternteile wie in Schweden sind Instrumente für mehr Gleichstellung und um das Potential der Frauen zu nutzen. Dass diese Massnahmen funktionieren und eine Wirkung erzielen, zeigt ein Blick ins Ausland. Schweden hat die Unterstützung der Familien und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon seit vielen Jahren durch entsprechende Gesetze vorangetrieben, die Rollenbilder sind von einem wesentlich gleichberechtigteren Bild geprägt, Teilzeit bei Männern ist normal und die Familien- und Haushaltsarbeit weit gleichmässiger auf Mütter und Väter verteilt als in der Schweiz.
Es braucht aber auch ein Umdenken in allen unseren Köpfen und mutige Männer und Frauen, die neuen Wege gehen. Je mehr Beispiele von gleichberechtigen Rollenmodellen unsere Kinder vorgelebt bekommen, desto mehr wird dies ihr Bild in ihren Köpfen und ihr Weg in der Zukunft sein.

Quellenangabe:

Zahlen und Fakten basieren weitgehend auf „Familien in der Schweiz“, Statistischer Bericht 2021 des Bundesamts für Statistik (BFS) Familien | Bundesamt für Statistik (admin.ch)


1 Die Vaterrolle im Wandel — wireltern.ch

2 Familie- Erfolgsmodell Teilzeitarbeit: Gemeinsame Kinderbetreuung macht glücklich(luzernerzeitung.ch)

3 Teilzeitarbeit Frauen: Auswirkungen auf die Altersvorsorge | AXA

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